E-Commerce wie kein anderer – Interface-Design für HoReCa-Unternehmen. Interview mit Kamil Tatol
In den von uns entwickelten Lösungen konnten wir die Conversion-Raten deutlich steigern (z. B. +84 % auf mobilen Geräten für KFC) oder den Warenkorbwert um mehrere Dutzend Prozent erhöhen. In entsprechendem Maßstab sprechen wir von enormen Gewinnen, die aus einem gut gestalteten Produkt resultieren.
Ein Interview mit Kamil Tatol, CEO und Designer bei Flying Bisons – einem Unternehmen, das sich auf die Gestaltung digitaler Lösungen spezialisiert hat und bereits für Marken wie KFC, Burger King, Domino’s Pizza, Pizza Hut und kikfit Lösungen entwickelt und optimiert hat.
Ordering Stack: Was ist der Grund dafür, dass sich ein Unternehmen wie ein Restaurant für die Gestaltung seiner Benutzeroberflächen und Anwendungen interessiert?
Unternehmen sind bereits vor vielen Jahren in die digitale Welt übergegangen – dieser Prozess hat längst begonnen, schreitet unaufhaltsam voran und ist nicht aufzuhalten. Die Gastronomiebranche, einschließlich der Restaurants, bildet dabei keine Ausnahme.
OST: Aber reichen nicht die bereits für den E-Commerce entwickelten Lösungen aus?
KT: In den letzten Jahren hat die Verbreitung digitaler Lösungen stark zugenommen – dazu gehören nicht nur E-Commerce-Plattformen, sondern auch Marktplätze und mobile Anwendungen wie Pyszne.pl, Uber Eats oder Bolt Foods.
Eine Website, selbst mit der Möglichkeit, Essen online zu bestellen (was im Grunde E-Commerce ist), ist zwar unverzichtbar, aber die Kund*innen erwarten immer mehr. Die Erwartungen der Kundschaft treiben den Wandel voran.
Im Zeitalter der digitalen Revolution kann man das Erlebnis mit einer neuen Währung vergleichen – eine, die man ausgibt, investiert und um die Marken kämpfen. Die Erfahrungen, die Kund*innen mit Marken machen, sind entscheidend und prägend. Und die Erwartungen daran sind hoch – sie werden nicht mehr sinken. Im Gegenteil, sie werden eher weiter in die Höhe schnellen.
OST: Wie kann man also auf diese rasant steigenden Erwartungen reagieren?
KT: Verbraucherinnen erwarten von den Lösungen, die sie nutzen, dass sie intuitiv, einfach und funktional sind. Es ist außerdem wichtig zu betonen, dass Kundinnen noch nie so viele Auswahlmöglichkeiten hatten wie heute. Wenn ich heutzutage Essen bestellen möchte, kann ich gleichzeitig die Website meines Lieblingsrestaurants besuchen, auf Pyszne.pl gehen, zehn Tabs mit ausgewählten Lokalen öffnen und dabei in der Uber-Eats-App durch verschiedene Länderküchen stöbern.
Bei Flying Bisons entwerfe ich täglich digitale Produkte, und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie groß der Wettbewerb ist – sowohl im Kampf um die Kundschaft als auch bei den angebotenen digitalen Produkten und Services. Globale Lösungen wie Uber Eats oder Bolt Foods werden von internen Teams mit Dutzenden, wenn nicht Hunderten von Expertinnen entwickelt, die jeden Monat neue Funktionen zu ihren Apps hinzufügen, um Conversion und Kundenerlebnis zu optimieren. Sie holen alles heraus, was möglich ist – auch wenn es nur um wenige Promille geht. Aber bei Millionen von Nutzerinnen reicht das völlig aus, um einen messbaren ROI zu erzielen.
OST: Entmutigend.
KT: Genau das ist der Grund, warum viele Restaurants gar nicht erst versuchen, mitzuhalten – sei es aus Mangel an Ressourcen oder Kompetenzen – und sich im Grunde „ergeben“, indem sie sich Marktplatz-Plattformen anschließen, bei denen für jede Bestellung eine Provision fällig wird.
Eine Alternative besteht darin, auf verfügbare Lösungen wie White-Label-Plattformen (z. B. Ordering Stack) zurückzugreifen, die es Unternehmen ermöglichen, gut gestaltete und optimierte Produkte unter ihrer eigenen Marke zu nutzen – gegen eine monatliche Abonnementgebühr. Das ist definitiv eine interessante Alternative zum unglaublich schwierigen und teuren Weg, Produkte selbst zu entwickeln oder sich ausschließlich auf Marktplätze wie Pyszne.pl zu verlassen. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist auf diesem Weg außergewöhnlich gut.
OST: Kehren wir zum Thema ROI zurück – kann man überhaupt die Ergebnisse von etwas so Unfassbarem wie „Erlebnis“ quantifizieren?
KT: Aus Erfahrung weiß ich, dass die Qualität von Benutzeroberflächen und User Experience einen direkten Einfluss auf die Geschäftsergebnisse hat. In den Lösungen, die wir bei Flying Bisons entwickelt haben, konnten wir die Conversion-Raten deutlich steigern (z. B. +84 % auf mobilen Geräten für KFC) oder den Warenkorbwert mehrfach um mehrere Dutzend Prozent erhöhen. In entsprechendem Maßstab sprechen wir hier von enormen Gewinnen, die aus einem gut gestalteten Produkt resultieren.
Darüber hinaus ermöglichen digitale Lösungen die Automatisierung zahlreicher Prozesse und Tätigkeiten, was sich in geringeren Betriebskosten niederschlägt. Unternehmen können also an zwei Fronten optimiert werden – durch Umsatzsteigerung und Kostensenkung – was letztlich zu höheren Margen führen sollte.
Allerdings sollte jede Investition auf eine Rendite (ROI) ausgerichtet sein, und in diesem Zusammenhang ist Skalierbarkeit entscheidend. Es ist vor allem die Skalierung, die definiert, welche Lösung für ein bestimmtes Unternehmen optimal ist. Weitere wichtige Faktoren sind die Art des Unternehmens, das Geschäftsmodell sowie das Angebot – einschließlich der Marge auf die verkauften Gerichte und Produkte.
Es ist schwierig, eine universelle Antwort darauf zu geben, wann sich eine Investition in UX lohnt und ob es besser ist, ein spezialisiertes Unternehmen zu beauftragen oder ein eigenes Team aufzubauen. Die Antwort auf beide Fragen lautet: Es kommt darauf an. Aus Erfahrung weiß ich jedoch: Wenn in einem Unternehmen das Thema UX aufkommt, ist das meist der richtige Zeitpunkt. Wenn UX kein Thema ist, liegt es oft daran, dass die Inhaber*innen es nicht erkennen oder schlicht keine Zeit dafür haben – obwohl es manchmal der größte Hebel für Wachstum sein kann.
OST: Wir haben unser Gespräch mit Benutzeroberflächen für die HoReCa-Branche (Hotel, Restaurant, Catering/Café) begonnen. Was unterscheidet sie vom klassischen E-Commerce – und worauf sollte man besonders achten?
KT: E-Commerce bezieht sich per Definition auf den Verkauf verschiedenster Produkte über das Internet. Meiner Meinung nach stellen digitale Lösungen für die HoReCa-Branche eine besondere Unterkategorie des E-Commerce dar – bei Flying Bisons sprechen wir in diesem Zusammenhang oft von „Food Commerce“, also dem Online-Verkauf von Speisen in analoger Form.
Die von Restaurants angebotenen Produkte haben ganz eigene Besonderheiten – wie Zutaten, Kategorien (z. B. Vorspeisen, Hauptgerichte), Verfügbarkeit zu bestimmten Tageszeiten usw. Deshalb müssen HoReCa-Oberflächen diese Unterschiede berücksichtigen und eine einfache Navigation sowie Produktauswahl aus der Speisekarte ermöglichen. Manche Kund*innen möchten beispielsweise Informationen über Makronährstoffe oder die Anzahl der Hähnchenteile in einem Menü sehen – etwas, das in den meisten E-Commerce-Kategorien natürlich nicht vorkommt.
OST: Und eine Lieferung am nächsten Tag sorgt längst nicht mehr für einen Wow-Effekt.
KT: Ganz genau! In der Food-Commerce-Branche ist das Produkt – wie man sich denken kann – Essen: idealerweise appetitlich, heiß und herrlich duftend. Die Kund*innen sind oft hungrig und brauchen ihre Bestellung so schnell wie möglich. Eine ansprechende Präsentation der Produkte (z. B. hochwertige Fotos), verlockende Produktbeschreibungen und vor allem eine gut sichtbare Anzeige der Lieferzeit sind dabei entscheidend.
Heutzutage wollen Kund:innen wissen: „Wie lange muss ich auf die Lieferung warten und warum dauert es so lange?“ Wenn wir einen guten Logistikpartner haben (z. B. Stava) und schnelle Lieferzeiten bieten, kann das zu einem echten Wettbewerbsvorteil werden.
OST: So stark wie der Preis?
KT: Restaurants bieten häufig Aktionen, Rabatte und Sonderangebote für Stammkund*innen an. HoReCa-Oberflächen müssen die Personalisierung des Angebots ermöglichen und sich an die individuellen Bedürfnisse der Kundschaft anpassen lassen. Oft kommt es auch zur Produktpersonalisierung – zum Beispiel, wenn man ein Gericht mit einer ausgewählten Soße oder in einer scharfen Variante bestellen kann.
OST: Viel Klicken und Anpassen des Produkts, bevor es bestellt wird.
KT: Deshalb müssen HoReCa-Oberflächen mit Küchen- und Logistiksystemen integriert sein, um eine einfache Auftragsabwicklung, schnelle Zubereitung der Speisen und eine zügige Lieferung an die Kund*innen zu ermöglichen. Zeit und Echtzeit-Integration sind entscheidend – schließlich erwartet jeder, dass das Gericht bei der Lieferung noch heiß ist. Die Grundlage einer guten UX ist Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit – denn selbst das beste System nützt nichts, wenn es einfach … nicht funktioniert.
OST: Das klingt kompliziert.
KT: Und das ist es auch – aber für die Kundinnen darf es niemals kompliziert sein! Oberflächen für die HoReCa-Branche müssen benutzerfreundlich, intuitiv und schnell sein. Kundinnen, die schnell eine Bestellung aufgeben wollen, haben keine Zeit, sich durch komplizierte Interfaces zu kämpfen. Das ist schon im klassischen E-Commerce wichtig, aber im Food Commerce noch entscheidender.
Es geht auch um den Kontext. In Interfaces für die HoReCa-Branche sind der Nutzungskontext der User Journey und die Produktpreise entscheidend. Zum Beispiel ist die Produktseite nicht so wichtig wie im traditionellen E-Commerce, da Restaurantprodukte meist günstiger sind und in größeren Mengen bestellt werden. Daher fügen Kund*innen Produkte oft direkt aus der Kategorie- oder Produktübersicht in den Warenkorb ein, und die Produktseite wird nur genutzt, wenn man sich über Details informieren oder Anpassungen vornehmen möchte. Interfaces für die HoReCa-Branche müssen diese Kontextabhängigkeit berücksichtigen und ein einfaches Stöbern in Kategorien ermöglichen (z. B. lange Scrollseiten oder Tabs) sowie ein schnelles Hinzufügen von Produkten direkt aus der Liste oder Kategorieansicht (z. B. über einen „Schnell hinzufügen“-Button).
OST: Da all diese Elemente vorhanden sind, ist es kein Wunder, dass Interfaces auf der ganzen Welt so ähnlich aussehen.
KT: Im Bereich des Food-Commerce besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir es mit einem wiederkehrenden Kunden zu tun haben. Schließlich bestellen wir oft unsere Lieblingsgerichte bei denselben Restaurants. Das ist das genaue Gegenteil von einem einmaligen Kauf wie etwa einem Fahrrad oder Gartengerät. Es lohnt sich daher, dafür zu sorgen, dass unser E-Commerce-Angebot einen einfachen und schnellen Weg für Stammkunden bietet – das betrifft natürlich Benutzerkonten, vergangene Bestellungen und die Möglichkeit, diese zu wiederholen, und vor allem das Speichern von Lieferdaten und Zahlungsmethoden. Aufgrund bestehender Lösungen (wie Allegro oder Uber) wird die sogenannte Ein-Klick-Zahlung zunehmend zum Standard.
Eine der Fallstricke im Design besteht darin, zu versuchen, ein universelles Interface für beide Gruppen zu schaffen, was dazu führen kann, dass das Interface für beide Gruppen unkomfortabel wird. In Wirklichkeit sollten das Design für den Kunden und das Design für den Mitarbeiter getrennt entworfen werden, wobei die Besonderheiten jeder Gruppe berücksichtigt werden müssen. Es ist auch wichtig, den Kontext zu beachten, in dem das Interface von beiden Gruppen verwendet wird. Das Kundeninterface und das Mitarbeiterinterface werden unterschiedlich genutzt, in unterschiedlichen Situationen und Kontexten, daher muss das Design diese Unterschiede berücksichtigen, um eine optimale Benutzerfreundlichkeit für jede Gruppe zu gewährleisten.
OST: Welche Aspekte des Restaurantbetriebs lassen sich durch UX auf eine App oder ein Gerät übertragen?
KT: Es gibt viele Aspekte des Restaurantbetriebs, die sich auf das UX-Design einer App oder eines Geräts übertragen lassen. Zum Beispiel:
- Personalisierung, bei der die App Kundenvorlieben (z. B. Lieblingsgerichte) nutzt, um das Menü individuell anzupassen und passende Gerichte zu empfehlen.
- Schnelles Bestellen, bei dem die UX so gestaltet ist, dass Kunden schnell und einfach bestellen können, ohne das gesamte Menü durchblättern zu müssen.
- Bestellverfolgung, bei der die App es Kunden ermöglicht, den Status ihrer Bestellung nachzuverfolgen und sie über die voraussichtliche Lieferzeit zu informieren.
- Online-Zahlungen, bei denen die UX so gestaltet ist, dass Zahlungen einfach und sicher von zu Hause aus vorgenommen werden können.
- Treueprogramme, bei denen die App Treueprogramme anbietet und Kunden für ihre Einkäufe belohnt.
OST: Das klingt überzeugend für Schnellrestaurants, und das ist cool. Aber ich frage mich, ob auch einige gehobene Restaurants von Online-Bestellungen oder UX-Design profitieren können.
KT: Gehobene Restaurants können UX-Design ebenfalls nutzen, um den Wert ihrer Marke zu steigern und den Eindruck von Exklusivität zu verstärken. Das Design einer Anwendung oder eines Geräts kann Kunden anziehen und ihnen einzigartige Erlebnisse bieten, die mit dem Besuch eines Restaurants auf diesem Niveau assoziiert werden.
Zum Beispiel kann die Anwendung exklusive Fotos von Gerichten enthalten, und das UX-Design kann so gestaltet sein, dass es die Ästhetik und den Stil des Restaurants widerspiegelt. Darüber hinaus können die Interaktionen mit der Anwendung oder dem Gerät so gestaltet werden, dass sie den Professionalismus und die Servicequalität widerspiegeln, die für gehobene Restaurants charakteristisch sind.
Alle diese Elemente können zu einem besseren Kundenerlebnis beitragen und die Kundenbindung stärken, was wiederum zu höheren Umsätzen und einer positiven Geschäftsentwicklung führt.
Obwohl das UX-Design einer Anwendung oder eines Geräts zu einem besseren Kundenerlebnis beitragen kann, ist es wichtig zu bedenken, dass bestimmte Aspekte des Erlebnisses nicht in die digitale Welt übertragbar sind.
Eines dieser Elemente sind zwischenmenschliche Beziehungen, die besonders in gehobenen Restaurants von großer Bedeutung sind. In solchen Lokalen kann der Service durch das Personal ebenso wichtig sein wie die Qualität der Speisen, da er einen enormen Einfluss auf das Gesamterlebnis hat.
Kellner in gehobenen Restaurants bieten nicht nur Beratung und Hilfe bei der Auswahl der Gerichte, sondern schaffen auch besondere Erlebnisse wie das Eindecken des Tisches oder die Präsentation der Speisen. Ihr Professionalismus, ihre Höflichkeit und ihre Liebe zum Detail sind entscheidend für das Gefühl von Luxus und Eleganz.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das UX-Design einer Anwendung oder eines Geräts zwar das Kundenerlebnis unterstützen kann, zwischenmenschliche Beziehungen und Interaktionen mit dem Personal jedoch in gehobenen Restaurants unersetzlich sind. Ihre Rolle bei der Schaffung von Atmosphäre und bleibenden Eindrücken kann nicht hoch genug eingeschätzt werden und lässt sich durch die digitale Welt nicht vollständig ersetzen.
OST: Uns stehen mindestens drei Umgebungen zur Verfügung – Desktop, Mobile und Kiosk – worin unterscheiden sie sich aus UX-Perspektive?
KT: In der heutigen Welt nutzen Benutzer verschiedene Geräte, um Inhalte zu durchsuchen und Einkäufe zu tätigen. Daher muss das UX-Design die unterschiedlichen Umgebungen und technologischen Bedingungen berücksichtigen, in denen sich der Benutzer bei der Interaktion mit der Anwendung befinden kann.
Die Desktop-Umgebung zeichnet sich durch einen größeren Bildschirm aus, der ein komfortables Durchsuchen von Inhalten und komplexere Interaktionen ermöglicht. Die Mobile-Umgebung hat einen kleineren Bildschirm, was Designer dazu zwingt, Inhalte kompakter zu gestalten und einfachere, intuitivere Benutzeroberflächen zu entwerfen. Die Kiosk-Umgebung hingegen bietet in der Regel einen Touchscreen, was die Art und Weise beeinflusst, wie Benutzer mit der Anwendung interagieren – eine Kombination aus Mobilgerät und Desktop, großflächig und per Touch bedienbar.
Zusammenfassend erfordert das UX-Design nach dem Omnichannel-Paradigma, dass Designer berücksichtigen, dass Benutzer während einer einzigen Sitzung zwischen verschiedenen Geräten wechseln können. Daher ist es wichtig, Konsistenz in der Benutzeroberfläche sicherzustellen und fließende Übergänge zwischen den verschiedenen Geräten zu ermöglichen. Ein Benutzer sollte beispielsweise den Kaufprozess auf einem Desktop beginnen, auf einem Smartphone fortsetzen und an einem Kiosk abschließen können – und der gesamte Prozess sollte auf jedem dieser Geräte konsistent und intuitiv gestaltet sein.
Die Vereinbarkeit verschiedener Geräte und deren Einschränkungen mit dem Omnichannel-Paradigma erfordert, dass Designer die Unterschiede in den Benutzeroberflächen jeder Umgebung berücksichtigen und dennoch Konsistenz in der Bedienung gewährleisten. Ebenso wichtig ist es, das UX responsiv zu gestalten, sodass sich die Oberfläche an unterschiedliche Bildschirmgrößen und Interaktionsarten anpassen kann. Auf diese Weise können Benutzer die Anwendung auf jedem Gerät konsistent und intuitiv nutzen – unabhängig davon, welches Gerät sie wählen.
Darüber hinaus ist es entscheidend, die Stärken jedes Touchpoints gezielt zu nutzen (z. B. mehr Bildschirmfläche auf dem Desktop oder Touchscreens bei mobilen Geräten und Kiosken), während gleichzeitig die Schwächen (z. B. begrenzter Platz auf dem Smartphone) durch vereinfachte Interfaces ausgeglichen werden.
OST: Wie können wir verschiedene Geräte und deren Bedingungen mit dem Omnichannel-Paradigma in Einklang bringen?
KT: Großartige Frage! Omnichannel ist ein bekanntes Konzept, aber in der Welt des UX und darüber hinaus tauchen ständig neue Schlagworte und Trends auf.
Im Kontext von Omnichannel lohnt es sich, auf Begriffe wie „Phygital“ zu achten – eine Kombination aus physischen Einkaufserlebnissen und Online-Kanälen – sowie auf „Voice Commerce“, also den Einsatz von Sprachassistenten zum Einkaufen.
Was UX betrifft, gehören zu den aktuellen Trends unter anderem der „Dark Mode“, der die Augen schont und den Nutzungskomfort erhöht, sowie die zunehmende Bedeutung von Personalisierung und Prozessautomatisierung. Mit der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen können wir mit immer intuitiveren und personalisierten Benutzeroberflächen rechnen.
In der HoReCa-Branche (Hotel, Restaurant, Catering) werden sich zentrale Entwicklungen auf mobile Zahlungstechnologien, die Automatisierung von Bestell- und Kundenserviceprozessen sowie auf die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung konzentrieren. Nach COVID-19 wird ein verstärkter Fokus auf sichere und hygienische Dienstleistungen gelegt, was die Einführung neuer Lösungen im Bereich kontaktloser Kundenservice und eine erhöhte Aufmerksamkeit für Sauberkeit und Hygiene in gastronomischen Betrieben erfordern wird.
OST: VR- und AR-Lösungen sind ebenfalls ein Schlagwort – aber sind sie wirklich relevant?
KT: Tatsächlich werden VR- (Virtual Reality) und AR- (Augmented Reality) Lösungen immer beliebter. Es handelt sich um Technologien, die einen erheblichen Einfluss auf die HoReCa-Branche haben können. Dank VR und AR können Restaurants und Hotels unvergessliche Erlebnisse für ihre Gäste schaffen – zum Beispiel, indem sie virtuelle Rundgänge durch das Hotel ermöglichen, das Genießen von Speisen an schwer zugänglichen Orten simulieren oder das Kochen in virtueller Realität erlebbar machen.
VR und AR können auch zur Schulung von Mitarbeitenden beitragen, indem sie Situationen simulieren, die im Arbeitsalltag auftreten können. Darüber hinaus können VR- und AR-Technologien bei der Gestaltung von Innenräumen und der Raumaufteilung in Restaurants und Hotels unterstützen, indem sie Kunden die Möglichkeit bieten, sich mit dem Design vertraut zu machen, bevor es tatsächlich umgesetzt wird.
Ein Beispiel für den Einsatz von AR in der HoReCa-Branche ist eine Anwendung, mit der Gäste ihre Mahlzeit über die Kameraansicht ihres Smartphones bestellen können – ergänzt um eine interaktive Ebene mit dem Menü des Restaurants.
OST: Wir sprechen über revolutionäre Konzepte und Umbrüche in der Branche. Aber sehen Sie heute bereits interessante, bahnbrechende Anwendungen davon?
KT: Es gibt bereits sehr interessante Orte auf der polnischen kulinarischen Landkarte, wie zum Beispiel Le Petit Chef. Dieses Restaurant bietet nicht nur exquisite Gerichte, sondern auch eine interaktive kulinarische Animationsshow, die direkt am Tisch der Gäste stattfindet. Möglich wird dies durch den Einsatz spezieller Projektionstechnologie, die die Geschichte der kulinarischen Abenteuer des titelgebenden kleinen Kochs zum Leben erweckt.
Während eines Abends bei Le Petit Chef erleben die Gäste unvergessliche kulinarische Eindrücke und werden gemeinsam mit der animierten Figur in verschiedene Teile der Welt entführt – wobei jedes Gericht des servierten Menüs ein Bestandteil der erzählten Geschichte ist. Dieser einzigartige Ansatz zur Essenspräsentation zieht nicht nur Feinschmecker an, sondern auch Liebhaber neuer Erlebnisse und Technologien, die etwas völlig anderes und Einzigartiges ausprobieren möchten.
OST: Welche Vorteile kann ein Restaurant durch UX-Design gewinnen?
KT: Ein Restaurant kann durch UX-Design viele Vorteile gewinnen. Vor allem kann die Verbesserung der Nutzererfahrung neue Kunden anziehen und die Loyalität bestehender Kunden steigern. UX-Design kann dabei helfen, intuitivere Menüs zu gestalten und den Bestellprozess zu vereinfachen, was die Anzahl von Bestellfehlern reduzieren und die Wartezeit auf Speisen verkürzen kann. UX-Design kann sich außerdem – wie bereits erwähnt – direkt positiv auf das Geschäft auswirken, indem es den durchschnittlichen Warenkorbwert oder Bestellwert erhöht, die Conversion-Rate steigert und die Kaufhäufigkeit (bzw. die Rückkehr der Kunden ins Restaurant) verbessert.
Darüber hinaus kann ein Restaurant durch UX-Design auch die betriebliche Effizienz steigern, Kosten senken und den Umsatz erhöhen. Die Optimierung von Prozessen und ein leichterer Zugang zu Informationen (wie etwa zur Speisekarte oder zu Aktionen) können den Verkauf fördern, und die Vereinfachung von Abläufen im Kundenservice kann den Service beschleunigen und Warteschlangen verkürzen.
OST: Ein zentrales Element des UX-Testings ist das A/B-Testing, aber dieses ist nicht immer umsetzbar. Gibt es noch andere Werkzeuge?
KT: Einige Elemente des UX-Designs lassen sich nur schwer oder gar nicht durch A/B-Tests überprüfen. Zum Beispiel können die Wahl von Farben und Schriftarten die Wahrnehmung und das Markenimage beeinflussen, doch ist es schwierig, dies eindeutig zu messen. Auch Entscheidungen zur Informationsdarstellung und zur Menüstruktur sind oft schwer zu testen, da die Auswahlmöglichkeiten stark vom Kontext, den Nutzerbedürfnissen, der Zeit und vielen weiteren Faktoren abhängen können. In solchen Fällen können qualitative Methoden – wie Tiefeninterviews oder Usability-Tests – hilfreich sein. Sie ergänzen quantitative Daten hervorragend und können offene Fragen beantworten, wie zum Beispiel „Warum?“ und „Wie?“.
OST: Führt dieses ständige Testen und Optimieren nicht zu einer großen Gleichförmigkeit von Webdiensten? Zum Beispiel sehen die Buchungssysteme für Flugtickets überall fast gleich aus.
KT: Das Design kann je nach den spezifischen Bedürfnissen und der Strategie des Restaurants variieren. In manchen Fällen kann ein wiederholbares und konsistentes Design dabei helfen, eine wiedererkennbare und einheitliche Marke aufzubauen, die von den Kunden leicht identifiziert wird (z. B. bei einer Franchise). In anderen Fällen können maßgeschneiderte Lösungen und einzigartige Designs dabei helfen, ein Restaurant von der Konkurrenz abzuheben und etwas Einzigartiges zu bieten. In jedem Fall sollte das UX-Design jedoch funktional und benutzerfreundlich sein, da dies der Schlüssel für einen guten Kundenservice und die Zufriedenheit mit dem Restaurantbesuch ist.
Es ist außerdem wichtig, dass das Design auf die spezifischen Merkmale des Unternehmens zugeschnitten ist (z. B. Nische, Kundensegment, Budget, Art der Küche und der Gerichte, Standort usw.). Das Design für verschiedene Altersgruppen kann einen anderen UX/UI-Ansatz erfordern, da unterschiedliche Altersgruppen unterschiedliche Vorlieben und Nutzungsmuster bei Anwendungen haben. Ältere Menschen bevorzugen oder benötigen zum Beispiel größere Schriftgrößen, stärkere Kontraste und eine intuitivere Benutzeroberfläche, während jüngere Generationen eine schnellere und interaktivere Nutzererfahrung erwarten.
OST: Und wie sieht es mit Apps wie Ordering Stack aus, die im Grunde für alle gedacht sind? Wir müssen schließlich alle essen.
KT: Anwendungen wie Ordering Stack sollten bei der Gestaltung von UX/UI-Designs die Unterschiede zwischen den Altersgruppen berücksichtigen. Dies kann durch das Sammeln von Daten zum Alter der Nutzer, die Analyse von Nutzungsmustern und Vorlieben sowie durch das Testen von Prototypen mit verschiedenen Altersgruppen geschehen, um Einblicke zu gewinnen, was für welche Zielgruppe am besten funktioniert.
Das UX/UI-Design sollte diversifiziert werden, um den Bedürfnissen unterschiedlicher Altersgruppen gerecht zu werden. Gleichzeitig sollten Anwendungen einen konsistenten Stil und eine durchgängige Funktionalität beibehalten, um zu vermeiden, dass die Benutzeroberfläche für Nutzer verschiedener Altersgruppen unintuitiv wird.
Es lohnt sich, die Kontexte hervorzuheben, in denen das Produkt verwendet wird, zum Beispiel:
- Wer nutzt das Produkt?
- In welcher Situation?
- Was ist das Ziel und die Motivation der Nutzer?
- Wie hoch ist ihr technologisches Verständnis?
- Welche Lösungen nutzen sie täglich (was ist für sie der Standard)?
- Auf welche potenziellen Schwierigkeiten könnten sie stoßen (z. B. Nutzung eines Smartphones bei direkter Sonneneinstrahlung oder ältere Personen mit zitternden Händen)?
Außerdem profitieren alle Menschen von barrierefreien Produkten – nicht nur ältere Personen oder Menschen mit Behinderungen. Gute Barrierefreiheit ist gutes Design für alle – insbesondere, weil wir manchmal auch nur vorübergehend eingeschränkt sind (z. B. nach einer Operation oder mit einem gebrochenen Arm).
OST: Welche Verluste können entstehen, wenn man nicht in UX investiert – ich meine wirklich UX, nicht einfach nur „schöne Grafiken“?
KT: Wenn nicht in UX investiert wird, kann dies zu zahlreichen Verlusten führen, die erhebliche Auswirkungen auf das Geschäft haben können. In erster Linie kann eine schlechte UX-Qualität zu einer geringeren Kundenzufriedenheit führen, was wiederum einen Rückgang der Kundenzahl und eine höhere Abwanderungsrate zur Folge haben kann. Darüber hinaus kann eine mangelhafte UX dazu führen, dass wichtige Informationen weniger effektiv vermittelt werden und Kunden nicht gezielt zu den passenden Produkten oder Dienstleistungen geleitet werden. Das kann zu einem geringeren Warenkorbwert, niedrigeren Verkaufszahlen und sinkendem Umsatz führen.
Außerdem kann ein Mangel an UX-Investitionen zu höheren Kosten im Kundenservice führen, da Kunden möglicherweise auf Probleme bei der Nutzung stoßen und deshalb den Support kontaktieren müssen – was die Servicekosten in die Höhe treibt. Ein weiterer Kostenfaktor ist die Notwendigkeit, nachträglich Korrekturen und Updates an den Anwendungen vorzunehmen, was zusätzliche Ausgaben mit sich bringt und zu Verzögerungen bei der Auslieferung von Produkten oder Dienstleistungen führen kann.
Ich bin der Meinung, dass jedes Unternehmen – auch in der HoReCa-Branche – sich nicht die Frage stellen sollte: „Sollte ich in UX investieren?“, sondern: „Kann ich es mir leisten, nicht in UX zu investieren?“ Und in 99 % der Fälle lautet die Antwort: NEIN.
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Das Interview wurde geführt mit Kamil Tatol, CEO und ehemaliger Head of Design bei Flying Bisons – einem Unternehmen, das sich auf die Gestaltung digitaler Lösungen spezialisiert hat und unter anderem Lösungen für Marken wie KFC, Burger King, Domino’s Pizza, Pizza Hut und kikfit entwickelt und optimiert hat.